Die Ska Brewing Company in Durango, Colorado, spielt mengenmäßig laut der Top-50-Liste der Brewers Association nicht bei den ganz Großen der Szene mit, für mich aber stand ein Stopp vor Ort ganz oben auf meiner Wunschliste. Und schon die Antwort auf meine Besuchsanfrage hat meinen Eindruck bestätigt – hier geht es noch ganz locker und im Geiste der Craft-Beer-Pioniere zu. Uhrzeit war egal, Tag auch, ich solle einfach vorbeikommen und nach Arlo Grammatica fragen, denn er sei irgendwie immer in und um die Brauerei herum anzutreffen. In seinem Abbinder stand als Position „Barroom Hero“, worunter ich mir erst einmal nichts vorstellen konnte und auf ein Versehen getippt habe.

Die Brauerei liegt etwas außerhalb der knapp 16.000-Einwohner-Stadt Durango im Süden von Colorado, die mit fünf lokalen Brauereien biertechnisch sehr gut versorgt ist. Im üblichen Tastingroom mit langer Bar, dem obligatorischen Eck mit Marketingartikeln zum Verkauf und einer Kühlschrankwand, in der alle Biere zu sehen waren, wurde ich dann zügig von Arlo begrüßt, der in der Tat in wenigen Minuten nach dem Anruf der Kollegin da war. Längere Haare, kurze Hosen, Baseballmütze mit Sonnenbrille – also der coole Sportliche und damit der typische Vertreter der Craft-Beer-Szene, wie ich es mir vorgestellt habe. Was man als Barroom Hero so den ganzen Tag macht, war natürlich eine meiner ersten Fragen, da die Bezeichnung auch auf seiner Visitenkarte steht. „Ochh, das fanden wir irgendwie cool und haben es dann in Druck gegeben. Ich bin für den internationalen Vertrieb und das Marketing hier bei uns zuständig, aber das hört sich nicht so spannend an“, gab er mir mit einem kleinen Augenzwinkern als Antwort.

Im unteren Überseecontainer ist die Küche untergebracht und im gerade erst angebauten, oberen Container wird in diesem Sommer die neue Lounge eingeweiht, von der sich Arlo viel Spaß für die Gäste verspricht.

Von der Musik zum Bier
Bevor wir zur Tour durch die Brauerei aufgebrochen sind, haben wir einen Blick zurück zu den ersten Stunden der Brauerei geworfen. Die beiden Firmengründer Bill und Dave waren Schulfreunde und wie alle Jugendlichen stets auf der Suche nach erreichbarem Alkohol, um Partys zu feiern. Genau hier hat das amerikanische Gesetz einen Riegel vorgeschoben, was für die beiden jedoch weniger die staatlich gewünschte Abschreckung, sondern eine spannende Herausforderung darstellte. Mit einem in der Bibliothek gefundenen Buch zum Thema „Homebrewing“ starteten sie ihre ersten Versuche. Mit Erfolg, denn das Bier schmeckte nicht nur ihnen, sondern auch dem Freundeskreis, der eifrig versorgt wurde. Als eines ihrer entscheidenden Erfolgskriterien definierten die beiden die Ska-Musik, die während des ganzen Brauprozesses auf voller Lautstäke lief. Und das ist bis heute so, wovon ich mich selber überzeugen konnte. Die geheime Zutat ist also nicht nur, wie auf dem Etikett stets notiert, die Liebe, mit der die Bierspezialitäten hergestellt werden, sondern die Musik. Hier für Interessierte die Zutatenliste: „We use the finest malt, hops, yeast, water and love.” Aus den Schulversuchen entstand schnell eine Brauerei, die sich heute nach fast 20 Jahren gut etabliert und viele Fans weltweit gefunden hat. Neben der Listung in Colorado, Arizona und sieben weiteren US-Bundesstaaten kann man die Ska-Biere auch in England, Schweden und Irland bekommen.

Wachstum mit Bedacht
Schnell zu wachsen und flächendeckend vertrieben zu werden, das ist nicht das Ziel von Ska, betont Arlo mehrmals. Sie wollen ihre Wurzeln in Colorado behalten und für die Verbraucher in der Region gute und spannende Biere brauen sowie ein Anlaufpunkt für alle Bierkenner und –genießer bleiben, die Spaß am erleben der neuen Bierkultur haben. Aus diesem Grund veranstalten sie auch regelmäßig Events auf dem Firmengelände, zu denen bis zu 1.000 Fans aus der Gegend kommen.

Für Amerika, das unbegrenzte Land, eher ungewöhnlich, kann die Brauerei in der Fläche nicht mehr groß expandieren, was aber für die Skaler kein Hinderungsgrund ist, ihre Ideen umzusetzen. Wenn es eng in der Brauerei wird, dann wird einfach ein weiteres Stockwerk auf das Gebäude gepackt oder ein weiterer Überseecontainer gekauft, der dann als eine Art Balkon an das Gebäude fixiert wird.

Ich durfte in der Produktion dann tatsächlich auch Hand anlegen und eine 650-ml-Flasche mit dem bezeichnenden Namen „Decadent Imperial IPA“ mit einer roten Wachsmütze versehen. Die war dann leider nicht so cool im Verlauf, wie gewünscht, sondern zu akkurat, so dass ich sie als Geschenk mitnehmen durfte. Von meiner korrekten, deutschen Arbeitsweise müsste ich als Ska-Belegschaftsmitglied dringend Abstriche machen.

Zusammen stark
Unter den Craft-Beer-Brauern in den USA findet man es immer noch – das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Spaß am gemeinsamen Experimentieren. „Wir haben hier noch genug Potential und warum sollen wir uns gegenseitig das Leben schwer machen? Mit fünf Brauereien in Durango sind wir gut beraten, gemeinsame Sache zu machen und nicht gegeneinander zu arbeiten. Mit Steamworks beispielsweise tauschen wir auch mal Rohstoffe, brauen zusammen und stellen Charityevents auf die Beine“, erklärt Arlo die Philosophie des Unternehmens – gemeinsam sind sie stärker. Den Verbrauchern kommt das in jedem Fall zu Gute.

Die Tour durch die Brauerei zeigt, dass hier mit Spaß gearbeitet wird, neue Ideen stets begrüßt, besprochen und meist sofort umgesetzt werden. Gut 65 Prozent ihrer Biere verkauft die Ska Brewing Company übrigens in der Dose, da sie als begeisterte Sportler ihre Biere auch bei Radtouren dabei haben und sich keinen Kopf wegen Glasbruch machen wollen. Die erste Brauerei, die diesen Weg einschlug, ist Oskar Blues Brewing Company, Longmont, und als zweite folgte auch Ska zügig dem Wunsch der Verbraucher. Zusammen mit Oskar Blues haben sie dem schlechten Image des Dosenbieres den Kampf angesagt und sind auf einen guten Weg, die Dose als Verpackungsmittel wieder gesellschaftsfähig zu machen.

Wer mehr über die Brauerei und die Biere wissen will, kann sich bei www.skabrewing.com umschauen.

Für neubierig.de unterwegs: Biersommelière Sandra Ganzenmüller