Seit knapp über einem Jahr gibt es nun myBier.at, den Onlineshop für Österreichs Bierspezialitäten. Grund genug bei Markus Wurzer nachzufragen, wie es ihnen so ergangen ist und was uns aus Österreich noch alles erwartet.

Ihr seid jetzt knapp über ein Jahr am Markt. Wie war das erste Jahr?

Sehr spannend und lehrreich! Die Resonanzen waren durchwegs sehr gut, sowohl von den Brauereien, den Konsumenten als auch den Medien.

Viele Brauereien haben ja schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen eigenen Online-Shop aufzuziehen. Den Aufwand dahinter könnte eine kleine Brauerei aber wohl nicht so einfach stemmen. Unsere Plattform ist daher die perfekte Lösung, damit auch Kleinstbrauereien ihre Produkte überregional anbieten können. Wir nennen das unser Rundum-Sorglos-Paket: wir statten die Produzenten mit speziellen Kartonagen für den Versand aus, legen die Produkte in unserem Shop an, übernehmen die Kundenbetreuung und Bestellabwicklung, machen Werbung und sorgen für PR… Die Brauereien müssen nur noch die Bestellungen einpacken, unseren Logistiker DPD für die Abholung informieren und einmal pro Monat eine Sammelrechnung an uns schicken. Damit bleibt ihnen Zeit für das, was sie am liebsten machen, nämlich dem Brauen!

Auf der Kundenseite liegen die Vorteile natürlich ebenfalls auf der Hand: Biere, die bislang nur sehr schwierig erhältlich waren, werden auf einmal ganz einfach zugänglich. Mancherorts war ja schon der Begriff „Phantombier“ zu vernehmen: Biersommeliers schreiben Kommentare über superspannende Biere, die für den normalen Biertrinker aber schlicht und einfach nicht verfügbar sind. Sowas kann schon einmal Frust erzeugen! Neben dem Sortiment versuchen wir auch, die Geschichte „hinter dem Bier“ zu liefern: von wo genau stammen die Bierspezialitäten und welche kreative Craft Bier Brauer verbergen sich hinter den Gebräuen. Dazu haben wir unter anderem eine Interview-Serie gestartet und Kurz-Videos mit den Brauern gedreht.

Auch die Medien haben das sehr gut aufgenommen. Das Thema Craft Bier liegt im Trend und mittlerweile konnten wir uns als einer der österreichischen Vorreiter in dieser Nische positionieren.

Und wie ist die Zufriedenheit bei den Kunden?

Kundenzufriedenheit steht für uns an erster Stelle! Seit Anfang an holen wir Feedback von unseren Kunden ein und suchen das Gespräch mit ihnen. Wie sich zeigt, sind die Kunden mit unserem Angebot durch die Bank zufrieden, was natürlich sehr anspornt. Viele Kunden haben auch schon lange auf einen solchen Shop gewartet, finden das Konzept sowie die Umsetzung gelungen und empfehlen uns aufgrund der positiven Erfahrungen weiter. Dennoch wollen wir uns nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen, sondern arbeiten ständig an Optimierungen, sowohl was unsere Plattform an sich, die Logistik als auch alle anderen Bereiche betrifft.

Wird Craft Bier aus Österreich angenommen?

Craft Bier an sich ist seit 2-3 Jahren ein immer stärker werdendes Thema im deutschsprachigen Raum. Ich kann das an verschiedenen Punkten festmachen:

1.) Die Szene der Hobbybrauer wird immer stärker. Zugutekommt, dass sich bei der Technik einiges getan hat. Mit einer Investition von wenigen hundert Euro kann man heute schon ersten Brauversuche starten. Hilfestellungen, Rezepturen und auch die Zutaten sind dank Internet sehr einfach zu bekommen. Und nicht wenige von diesen Hobbybrauern machen aus ihrer Leidenschaft infolge auch ein Gewerbe. In Österreich eröffnet im Schnitt jedes Monat eine neue Brauerei, in den letzten 10 Jahren hat sich die Anzahl so mehr als verdoppelt.

2.) Immer mehr Medien berichten darüber, vor allem im Internet. Generell halte ich das Internet und insbesondere Social Media für einen sehr großen Treiber hinter dieser Bewegung. Im Jahr 2012 ist das Ganze anscheinend auch in den großen Medien angekommen, so gab es unter anderem Berichte in ZDF, ORF, Der Spiegel und Die Welt über Craft Bier, so darf es meiner Meinung nach auch weiter gehen!

3.) Immer mehr Lokale ergänzen ihr Biersortiment um spezielle Sorten bzw. es eröffnen spezielle Lokale, die sich rein auf das Thema Bier beschränken. Pionierarbeit in dieser Hinsicht hat dabei auf jeden Fall der Bier Guide von Bierpapst Conrad Seidl geleistet, der seit dem Jahr 2000 alljährlich erscheint und über 1200 Bierlokale in Österreichs portraitiert.

4.) Es wurden Veranstaltungen wie das Wiener Bierfest oder die Braukunst Live in München geboren, die Bierinteressierte zusammenbringen und den Austausch fördern. Im Vergleich zu den Craft Beer Festivals in den USA sind diese Events noch klein, das Interesse der Konsumenten ist aber sehr hoch.

5.) Es haben sich Gruppierungen wie die beerfreaks entwickelt, die für gutes Bier einstehen und als Botschafter fungieren.

Trotz allem stehen wir immer erst am Anfang dieses Trends, aber es brodelt ganz klar in der Szene und das Ganze entwickelt sich immer mehr zu einem Selbstläufer. Denn wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, der trinkt wohl kein Industriebier mehr! Und vor allem ist die Community stark und sehr kommunikativ.

Mit wie vielen Brauereien im Sortiment seid ihr gestartet und wie viele sind es aktuell?

Wir sind im November 2011 mit 40 Produkten von 4 Brauereien gestartet. Aktuell haben wir schon 135 Produkte von 20 Brauereien im Sortiment, Tendenz weiter wachsend. Unser Grundsatz ist dennoch Qualität vor Quantität.
Was war der Topseller 2012?

Der Trend geht zu den besonders aromatischen Bieren wie zum Beispiel stark gehopfte Ales, Barley Wines oder Bieren mit speziellen Zutaten wie dem Waldbier. Craft Brauereien müssen sich von der Masse abheben, eben mit besonderen Rezepturen, Brauvorgängen (wie Holzfasslagerung), Zutaten oder Verpackungen.

Was wird es 2013 Neues bei euch geben?

Puh so einiges, unter anderem:

1.) Neue Brauereien und Biere im Sortiment
2.) Neue bzw. einheitliche Produktfotos
3.) Bessere Usability, vor allem was den Bestellprozess betrifft
4.) Noch mehr interessante Geschichten in unserem Blog

5.) Weitere Kooperationen mit Gleichgesinnten – nur gemeinsam können wir das Thema Craft Bier auf die nächste Stufe heben!
Ansonsten: wir freuen uns auf jedes Feedback 🙂

Werden alle Biere die ihr führt auch bei euch gelagert? Wenn ja, ist das doch bestimmt das Paradies eines jeden Bierliebhabers…

Nein und das ist wohl auch das Besondere an unserem Geschäftsmodell: der Kunde bestell auf unserer Plattform, die Ware geht aber immer direkt von der Brauerei zum Kunden. Somit können wir höchste Frische und vollsten Biergenuss garantieren! Eine Ausnahme sind die gemischten myBier.at Collections, bei denen die verschiedenen Biere bei uns aber nur umkommissioniert werden und dann zum Kunden gehen.

Wird myBier.at auch in Deutschland angenommen?

Seit April 2012 verschicken wir auch nach Deutschland und das wird immer besser angenommen. Gefragt sind auch in diesem Fall die ganz besonderen Bierspezialitäten. Größtes Hindernis sind die unweigerlich hohen Versandkosten – Bierflaschen sind nun einmal schwer. Durch das stetig steigende Bestellvolumen konnten wir die internen Kosten senken – wir haben diese Ersparnisse an unsere Kunden weitergegeben!

Gibt es denn auch Kunden in Übersee die Österreichs Schätze für sich entdeckt haben?

Wir liefern nicht nach Übersee. Ich weiß von einigen österreichischen Brauereien, dass sie den Großteil ihrer Spezialbiere nach Übersee bringen, weil der Markt in Österreich dafür zu klein ist. Der Samichlaus von der Brauerei Schloss Eggenberg ist zum Beispiel eine Legende in den Staaten!

Das Thema Craft Bier wird ja von euch nach vorne gebracht. Ist Craft Bier ein geläufiger Begriff in Österreich und weiß der „normale“ Biertrinker auch schon was dahinter steht?

Von Anfang an haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie wir das Alles auf einen Punkt bringen können. In den letzten Jahren kursierten ja so einige Begriffe herum wie Edelbier, Gourmetbier oder Luxusbier. Craft Beer, übersetzt als handwerklich gebrautes Bier, trifft es  unserer Ansicht nach am besten. Der Begriff ist in der Szene sehr positiv besetzt und in Nordamerika allgegenwärtig. Gleich wie bei myBier.at haben wir uns für das deutsche Bier entschieden, also Craft Bier ist für uns handwerklich gebrautes Bier aus dem deutschsprachigen Raum. Der 0815-Trinker kann damit wohl noch wenig anfangen, aber das wird sich ändern, wenn wir alle weiter fleißig am Ball bleiben.

Wie siehst du das Thema Craft Bier in Deutschland?

In Deutschland gibt es eine starke und sehr kreative Hobbybrauerszene. Ein Grund, warum Deutschland in Sachen Craft Bier keine führende Rolle einnimmt bzw. einnehmen kann, liegt jedoch am starren Reinheitsgebot. Brauern in allen anderen Ländern (wie auch Österreich) kommt zugute, dass es bei ihnen (zum Glück!) kein Reinheitsgebot gibt. Sie können sich somit voll austoben und z.B. natürliche Zutaten wie Salz, Gewürze, Kräuter, Honig, Maroni, Kürbisse oder Tannenzweige in ihr Bier geben. Die Ergebnisse sind extrem spannend – selbst Weinbier ist möglich! Wer jetzt sagt, das sei doch alles gar kein Bier mehr, dem halte ich entgegen: wo steht geschrieben, was Bier ist und was nicht? In irgendwelchen mittelalterlichen Gesetzen wie dem Reinheitsgebot von 1516? Von so konservativen Ansichten halte ich überhaupt nichts – damals war die Erde auch noch eine Scheibe und vermeintliche Hexen wurden verbrannt. Nein die Menschheit entwickelt sich zum Glück weiter und damit auch ihre Möglichkeiten. Das deutsche Reinheitsgebot ist völlig überholt und wird von mächtigen deutschen Interessensgemeinschaften nur mehr als Marketinggag für die breite Masse missbraucht. Die Leidtragenden sind die innovativen deutschen Brauer, die ihr Gebräu nicht Bier nennen dürfen, nur weil sie mit Zutaten wie Schokolade oder Kaffee experimentieren – vom Ausland importiertes Bier mit solchen Inhaltsstoffen darf aber sehr wohl als Bier in Deutschland verkauft werden. Diese Situation ist doch mehr als paradox!

Du hältst heuer einen Vortrag beim Deutschen Bierkongress. Was können wir uns da erwarten?

Ja es freut mich sehr, dass ich auch heuer wieder als Referent zum deutschen Bierkongress eingeladen wurde. Mein diesjähriges Thema lautet „Craft Bier Revolution im deutschsprachigen Raum“. Wir führen aktuell eine Studie dazu durch und die Ergebnisse werde ich am Bierkongress präsentieren. Herausfinden wollen wir unter anderem, ob und wie handwerklich gebraute Biere den Markt aufmischen können und wie sich Handel sowie Gastronomie damit abheben und neue Zielgruppen erreichen können. Weiter wollen wir aufzeigen, dass Kooperation anstelle von Konkurrenz einen wichtigen Erfolgsfaktor in der Craft Bier-Szene darstellt.

Na dann sag ich VIELEN DANK und weiterhin viel Erfolg!

P.S.  Das ist Markus Wurzer von myBier.at, ich habe ihn auf der Brau Beviale 2012 getroffen:

www.mybier.at